Panzersperre April 1945

Aus der Geschichte einer deutschen Eiche

  • Eiche an der Kreuzung Abzweig Hartmannsdorf

An der Straße von Bad Köstritz nach Thieschitz stand gegenüber dem Abzweig nach Hartmannsdorf eine doch schon stattliche alte Eiche. Diese wurde im Winter 2022/23 bei Baumpflegemaßnahmen entlang dieser Straße gefällt, weil die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet war. In den 1990er  Jahren wurde schon einmal eine Kronenauslichtung vorgenommen, worauf sich der Baum wieder gut erholt hatte.

Die eigentliche historische Bedeutung hat die Eiche am Ende des 2. Weltkrieges erhalten. Mitte April 1945, ca. 1–2 Tage bevor die amerikanischen Truppen nach Bad Köstritz kamen, wurde unter der Leitung des Bad Köstritzer Ortsbauernführers und einiger Mitglieder der HJ und NSDAP an diesem Baum ein Fällkeil herausgeschnitten, um damit beim Anrücken der amerikanischen Armeeeinheiten schnell eine Straßensperre herstellen zu können. Wahrscheinlich hätte das die anrückende Truppe höchstens eine halbe Stunde aufgehalten. Die Amerikaner kamen am Nachmittag des 13. April 1945 nach Bad Köstritz, aber nicht aus der gedachten Richtung, sondern aus Richtung Tautenhain über den Schulberg. Das war das Glück für diesen Baum, denn so blieb der ausgesägte Keil noch im Stamm und ist danach wieder einigermaßen verwachsen. Dieser Keilschnitt war in ca. 60 cm Höhe vom Erdboden her angebracht worden. Wie auf den Bildern des im Erdreich verbliebenen Wurzelstockes zu sehen ist, hat sich im Laufe der Zeit durch den Einschnitt ein Fäulnispilz im Stamm ausgebreitet.

Diesen Keilanschnitt kann man an dem jetzt im Dahliengarten stehenden Stammabschnitt  noch gut erkennen. Dieser war neben der Fällung das „einschneidenste  Erlebnis“ dieses Baumes. Beinahe wäre dieser Stamm unwiederbringlich verloren gewesen, denn er war schon zur Brennholzverwertung vorgesehen.

Anhand der am Abschnitt gezählten Jahresringe ist dieser Baum ca. seit 1812 gewachsen. In dem Jahr hatte am 15. Juni der Doctor  Medicinae und Hoch Fürstl. Hofmedicus in Köstritz, Herr Carl Georg Ludwig Schottin das Frl. Henriette Luise Caroline Hager geheiratet.  Am 21. April 1812  wurde Johann Ernst Herger geboren, der später einer der bekanntesten Köstritzer Gärtner wurde. Um 1812 waren kriegerische Zeiten, es sind in den Kirchrechnungsbüchern auch Ausgaben für „Kriegssteuern“  für Grundstücke der Kirchgemeinden eingetragen.

Eine etwa gleich alte Eiche mit demselben Schicksal steht noch kurz vor dem Ortseingang von Hartmannsdorf  auf der linken Straßenseite bei den Bungalows Nr. 200. Auch hier wurde ein Einschnitt am Stamm, in ca. 1,70 m Höhe vorgenommen, der nach all den Jahren immer noch deutlich sichtbar ist.

Aber auch im Bereich des Blauen Veilchen hat es damals angesägte Bäume gegeben, die zum Teil auch als Straßensperre gedient haben.

Geschrieben im Sommer 2024 von Rainer Faber anhand von Erinnerungen und Erzählungen mehrerer älterer Einwohner in Bad Köstritz und Hartmannsdorf.

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